Lokaler Egoismus statt gemeinsame Weitsicht
So ein Geheimnis ist auch immer eine Bürde. Man trägt es mit sich herum, darf es aber keinem erzählen. Man ist stolz auf sein Herrschaftswissen und bedauert doch zugleich, es niemandem demonstrieren zu dürfen.
Als ich eines Winters auf einer Bergtour unterwegs war, wollte mir der Kollege eine Abfahrt zeigen, die es in sich hatte. Ich musste schon bei der Anfahrt versprechen, dass ich den Spot niemanden zeigen darf. Es gebe schon zu viele Menschen, die um die rassige Rinne mit den geschmeidigen Wächten wussten. Ich musste es ihm regelrecht schwören. Am Spot angekommen wunderte ich mich. «Die Tour kenne ich schon lange» , sagte ich zum Kollegen. «Ja woher denn?» , fragte er mich entsetzt. «Die habe ich schon vor 8 Jahren unternommen». Mann muss dazu wissen, dass der Kollege dort einheimisch ist, ich aber meist im Sommer dort unterwegs bin.
Naturgemäss glauben die Menschen, die näher an den Bergen wohnen, diese gehören ihnen auch irgendwie. Das Verhalten nennt sich «Lokalismus». Man versteht darunter eine spezifische Form des Patriotismus, die sich nicht auf so etwas Abstraktes wie Heimat, sondern auf konkrete landschaftliche Entitäten richtet; auf Kicker etwa, auf Kletterfelsen, oder sonstige Freeride-Spots. Wenn ein Auswärtiger ihre Geheimtipps (dieses Wort ist das widersprüchlichste aller Wörter) kennt und das vielleicht auch schon seit längerer Zeit bekannt gibt, kommt das nicht gut an.
Der Lokalismus ist bei Bergsportler noch nicht ganz so stark ausgeprägt, wie etwa bei Surfern. Unter diesen kommt es schon mal vor, dass ein Fremder von den Locals mit Faustschlägen von «ihrer» Welle vertrieben wird. Zum Glück gibt es mehr Ski/Snowboard- und Klettermöglichkeiten als gute Surfreviere. Allerdings ist es in Andermatt, Scuol, oder in Verbier bei Neuschnee und schönem Wetter so, dass man kaum eine Chance hat, in die erste Gondel zu kommen, wenn man nicht Local oder Pro ist.
Erst diesen Winter haben wir ein super Spot entdeckt für perfekte Jump-Shootings. Wo ist das? Entschuldigung, aber das bleibt ein Geheimnis 🙂